Willkommen Landleben!

Frontansicht Bauernhof Zittrauerhof Bad Hofgastein

Willkommen Landleben!

An einem goldenen Herbsttag war es endlich soweit: Der Tag des Aufbruchs zu meinem nächsten Projekt „Julia am Bauernhof“ war gekommen. Schon lange stand die Mitarbeit auf einem Bauernhof ganz weit oben auf meiner „Bucket-List“ an Dingen, die ich unbedingt einmal machen wollte. Nachdem ich mit dem Fahrrad von Hamburg nach Wien gefahren und nach Mariazell gepilgert bin, in Kärnten House Sitting gemacht sowie mir so allerlei andere unkonventionelle Projekte erfüllt habe, war nun für mich als Stadtkind die Zeit für das Landleben gekommen.

10 Tage Mitarbeit am Bauernhof im Gasteinertal

Auf meiner Suche nach einem Bauernhof, wo Mitarbeit möglich ist und mein Herz auch JA sagt, bin ich im Zuge meiner Recherche auf den Zittrauerhof in Bad Hofgastein gestoßen. Der Emailkontakt mit Katharina, der Bäuerin, war von der ersten Mail an sehr herzlich, die Praktikumsberichte der anderen Freiwilligen, die ich als Vorgeschmack zum Lesen zugesendet bekam, bestätigten diesen ersten Eindruck, sodass sich mein (Bauch)-Gefühl klar für diesen Hof entschied. Terminlich dauerte es schließlich bis zum Herbst, dass ich mir diese Aus-Zeit nehmen konnte, aber ich spüre: es ist genau die richtige Zeit! Ich liebe den Herbst und empfinde ihn dieses Jahr ganz besonders golden.

So bin ich an besagtem Tag im Oktober mit viel zu viel Gepäck von zu Hause aufgebrochen und habe mich auf den Weg zum Zug gemacht. In der U-Bahn brachte ich einen sympathischen Mann zum Schmunzeln, als ich mich mit einem lauten Plumps in den Sitz fallen ließ – großer Koffer neben mir, schwerer Rucksack am Rücken, Yogamatte unterm Arm und Tasche in der Hand.

„Na, das sieht nach einer wirklich großen Reise aus!“ war sein Kommentar. Meine Antwort daraufhin: „Ich fürchte, ich habe einfach nur ungeschickt gepackt!“ Gummistiefel, Bergschuhe, Laufschuhe, Turnschuhe, Hausschuhe – allein die Schuhe füllen schon den ganzen Rucksack aus.

Tausch von Kopfarbeit gegen „Fitness- und Wohlfühlprogramm“ an der frischen Luft

Dann saß ich im Zug. Mein Herz klopfte, in mein Gesicht war ein Lächeln gezaubert, mein Kopf (fast) leer. Mein Wunsch deutlich spürbar: für einige Tage die viele Denk- und Kopfarbeit ruhen lassen und Erfüllung finden in der körperlichen Tätigkeit und Einfachheit am Land… und dann merkte ich doch, dass der Kopf nicht ruhte, sondern viele Fragen produzierte:

Was würde mich erwarten? Wie wird der Tagesablauf sein? Welche Tätigkeiten werden mir besonders viel Spaß machen? Rieche ich den Kuhmist noch immer so gerne wie als kleines Kind am Bauernhof meiner Großeltern? Schmeckt die frische Kuhmilch wirklich warm und gut? Welche Küchengeheimnisse wird Katharina mir anvertrauen? Wird die landwirtschaftliche Arbeit mein Fitness-Training ersetzen?

Und dann kam ich an, bereit, in eine andere Welt einzutauchen. Der Busfahrer setzte mich sogar direkt an der Straße ab, die zum Bauernhof führte. Jaja, am Land sind die Leute noch zuvorkommend und freundlich.

Urlaub am Bauernhof - Zittrauerhof in Bad Hofgastein

 

Nach einer herzlichen Begrüßung und dem „Check-in“ in mein kleines Zimmer begann auch schon die Arbeit: ich wurde im Garten zum Unkraut jäten eingesetzt. Kübel um Kübel arbeitete ich Wurzeln und Unkraut aus dem Boden – und sah das Resultat, als ich, die Hände voller Erde und mit Schmerzen im Kreuz, die Tätigkeit beendete. Wie gut, dass ich die Yogamatte dabei hatte – die Arbeiten hier rufen nach Dehnen, Strecken, (Landluft) Atmen.

Ab dem nächsten Tag durfte ich authentisch den Ablauf einer Bauernfamilie miterleben. Um 7 Uhr morgens begann jeden Tag mein Einsatz: Arbeiten im Haus, im Stall und im Garten füllten meinen Tagesablauf. Jede Tätigkeit war auf der To-Do Liste vermerkt – wie schön, am Abend die vielen Häkchen neben die erledigten Tätigkeiten zu setzen und zu merken, wie produktiv wir waren.

Hier ein kleiner Auszug aus meinem Leben am Bauernhof:

In der Früh wollten die Tiere auf die Wiese gebracht werden, das Frühstück für die Gäste wurde zubereitet, das Haus musste täglich gekehrt und der Garten winterfest gemacht werden. Ich lernte, wie man den Ofen einheizt, sodass ich gemeinsam mit Katharina das Mittagessen zubereiten konnte. Trotz hohem Arbeitspensum nahm sich Katharina stets Zeit, mir ihre (Küchen-)Geheimnisse anzuvertrauen, neue Rezepte zu lernen und mir hilfreiche Tipps und Ratschläge zu geben.

Selbstgemachte Creme, Zittrauerhof

Als leidenschaftliche Büglerin war es ein Highlight für mich, zu lernen, wie man Bügelwäsche mit der Bügelmaschine glättet. Die Zeiten vor der Bügelmaschine sitzend waren für mich Entspannung pur! Ein weiterer Höhepunkt war für mich die Butterherstellung gemeinsam mit der Oma, Katharinas Mutter, am Bergbauernhof Maurachgut.

Vom Rahm zur Butter - Butterherstellung am Biohof Maurachgut

Altbäuerin bei der Graukäse-Produktion am Biohof Maurachgut

Handgemachte Butter im Oktober 2017 am Biohof Maurachgut

 

 

Die Oma meinte abschließend, dass ich ein Talent „fürs Buttern“ hätte. Welch schönes Kompliment von der Expertin. Nebenbei hat sie mir alles zur Milchverarbeitung und dem Prozess erklärt. Erschreckend, wie wenig Ahnung ich hatte, wie aus Milch Rahm, Butter und Buttermilch wird, hingegen aus Magermilch Käse, Topfen und Molke… so viel Wissen, das ich mir während des praktischen Tuns hier aneigne.

Unglaublich war für mich auch die Information, dass die Kühe am Zittrauerhof pro Tag zwischen 350 und 500 Liter Milch geben!

Apropos Kühe, ich durfte die (sehr, sehr schwere) Geburt eines Kälbchens miterleben. Die Situation war kritisch, weil die Hinterfüße des Kälbchens zuerst rauslugten. Aber die Bauernfamilie bewahrte Ruhe und half zusammen. Plötzlich lag es da, am Heuboden, das kleine, zitternde, nasse Kälbchen. Ich durfte es mit Heu sauber und trocken putzen und spürte, wie mein Herz höher schlug!

Julia bei der Geburt eines kleinen Kälbchens am Mauracherhof

 

Abgesehen von der „klassischen Bauernhof-Arbeit“ durfte ich auch viel Zeit mit den Kindern verbringen, ein Referat mit dem Sohn vorbereiten und Hausaufgaben kontrollieren. Die Arbeit mit den Kindern machte mir große Freude, hier hatte ich das Gefühl, dass ich als ehemalige Nachhilfe-Lehrerin auch gut meine Kompetenz und meine Stärken einbringen konnte. Ja, und dann war da noch das Entrümpeln im Haus. Katharina war es ein Anliegen, Ordnung zu machen und die Zimmer um- bzw. einzuräumen. Ich war in meinem Element:

Entrümpeln hat etwas sehr Befreiendes. Struktur und Ordnung werden geschaffen, Platz für Neues entsteht und der Geist kann wieder besser atmen.

Auch Katharina war schlussendlich überzeugt und ich hatte eine Leidenschaft von mir wiedergefunden. Als krönenden Abschluss durfte ich die Familie dann im neu eingerichteten Zimmer mit einer wohltuenden Yoga-Einheit unterrichten. Dankbar merkte ich, wie schön es ist, in ständigem Wechsel geben und nehmen zu dürfen.

Jede Aus-Zeit geht zu Ende

Die Zeit verflog, und plötzlich hieß es Abschied nehmen: Der goldene Herbst ging in einen frühen Wintereinbruch über – die umliegenden Berge waren schneebedeckt, im Tal gab es noch die bunten Herbstbäume. Welch wunderschöne Kulisse, in der der Hof eingebettet liegt. Dann stieg ich wieder in den Zug – im Gepäck allerlei selbst gemachte Köstlichkeiten und im Herzen unvergessliche Erinnerungen an eine intensive, spannende, lehrreiche und abenteuerliche Zeit. Ich fand einige Antworten auf die Fragen, die ich mir bei der Hinfahrt stellte und sammelte noch viele weitere Erkenntnisse und Erlebnisse, die mir bestätigten:

Wie gut, dass ich der Stimme meines Herzens folgte und zu diesem Abenteuer aufgebrochen war! Wie wundervoll, dass ich in Katharina eine Inspirationsquelle, Lehrerin, Kurzzeit-Chefin und Freundin gefunden habe! Wie schön, dass ich ein Fleckchen Heimat fern meiner Heimat entdeckt habe!



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